Die Würde des Menschen ist sanktionsfrei

Mit der Einführung von Hartz IV hatte sich die SPD für mein Empfinden vom Anspruch gelöst eine Partei für soziale Gerechtigkeit zu sein. Mag die Grundidee der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und des „Förderns und Forderns“ durchaus noch sinnvoll gewesen sein, so zeigte sich in der Umsetzung sehr schnell, dass es offenbar nur darum ging, Ausgaben zu reduzieren und der Fokus wurde dann auch verstärkt auf das „Fordern“ gelegt, während das „Fördern“ eher hinten runter fällt.

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Renditesteigerung durch Verdichtung und Laufzeitverkürzung

Ist doch viel besser als Hartz IV…

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(YouTube-DirektVerdichtung)

Gefunden beim gESTALTUNGSmETZGER.

Zwangsweise Kasernierung von Hartz IV-Beziehern

Wenn es um den Umgang mit Hartz IV-Empfängern geht scheint keine Idee mehr zu abwegig zu sein:

Nach „PR-SOZIAL“ vorliegenden Informationen plant die Arge Rhein-Lahn-Kreis die Kasernierung von Hartz IV-Betroffenen unter 25 Jahren. […] Die Jugendlichen müssen von in der Früh bis spätnachmittags in einem von der ArGe gemieteten Haus verbleiben und müssen pünktlich zum Appell auf dem Hofgelände des Anwesens erscheinen und werden das Haus in dieser Zeit nicht ohne Genehmigung der Arge verlassen dürfen. Abends dürfen sie heimgehen. Es ist vorgesehen, dass diejenigen, die sich der Betreuung entziehen, mit Sanktionierung bis auf völlige Versagung von Arbeitslosengeld II inklusive Mietkosten zu rechnen haben. Angeblich wird an einem Bewertungssystem gearbeitet, nach welchem die Jugendlichen Punkte in den geplanten Kursen erzielen müssen.

(via Isotopp)

Update 07.06.2007: Gestern schon in den Kommentaren gepostet: im Forum Aktive Erwerbslose wird Peter Hahn, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Rhein-Lahn zitiert:
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Und schon bewiesen…

Fall noch jemand an der Notwendigkeit von Brain Marshalls für Politiker gezweifelt haben sollte: Herr Verkehrsminister Tiefensee hat mit seinem Vorschlag Hartz IV Empfänger im Dienste der Sicherheit durch Busse und Bahnen patrouillieren zu lassen eindrucksvoll die dringend und schnell erforderliche Einführung von Brain Marshalls bewiesen.

Missbrauch des Missbrauchs

Der angeblich ausufernde Missbrauch der Sozialleistungen für Langzeitarbeitslose ist nicht tot zu kriegen. Es gibt zwar keinerlei Belege dafür, dass der Missbrauch bei AlgII besonders hoch sei, im Gegenteil:

Die Debatte über den Missbrauch von Leistungen bezeichnete Rappe als überzogen: Es gebe bei Hartz IV nicht mehr Missbrauch als bei anderen Gesetzen.

Auch der Ombudsrat teilt in seinem Abschlussbericht mit, was immer wieder gesagt wurde: die größten Probleme der Reform liegen in der Organisation des ganze Konstrukts der Arbeitsgemeinschaften:

In dem Bericht werden vor allem die Arbeitsgemeinschaften kritisiert, die sich um die Langzeitarbeitslosen kümmern. Diese Konstruktion, die Ende 2003 im Vermittlungsausschuss auf Druck der Unions-Ministerpräsidenten beschlossen wurde, habe sich als “untauglich erwiesen”, sagte der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, der dem Ombudsrat ebenfalls angehört.

Das hält aber Leute wie Herrn Struck nicht davon ab so einen Quatsch abzusondern:

«Das Menschenbild, das wir hatten, war vielleicht zu positiv. Es war zu optimistisch anzunehmen, dass Menschen das System nur in Anspruch nehmen, wenn sie es wirklich brauchen», sagte der SPD-Politiker.

Immer weiter auf dem angeblich ausufernden Missbrauch rumreiten und dementsprechend dann auch am System herum basteln: aus “Fördern und Fordern” wird nur noch “Fordern!”. Und wenn es darum geht, gegen “Sozialschmarotzer” Stimmung zu machen kann man sich immer über Zustimmung freuen. Jeder behauptet doch mindestens einen, wenn nicht mehrere Fälle von “Sozialschmarotzern” persönlich zu kennen, die sich auf Kosten der Steuerzahler ein schönes Leben machen. Klar, es sind nie alle so, aber man kennt da eben welche, also die, ja die haben es echt raus, den Staat so richtig auszunehmen. Und zahlen müssen das am Ende wir alle, das ist doch nicht fair, oder? Und der “Schmarotzer” macht sich ein schönes Leben, das weiss man ja…
Entschuldigung, mal eine Durchsage an alle, die immer von diesen unglaublichen Missbrauchsfällen in ihrem Bekanntenkreis berichten: was seid denn Ihr für Arschlöcher? Schaut offenbar zu, wie sich da jemand auf Eure Kosten ein schönes Leben macht? Warum sprecht Ihr die nicht darauf an? Warum tretet Ihr denen nicht mal verbal in den Arsch? Habt Ihr Angst in einem Gespräch mit den Betroffenen erfahren zu müssen, dass deren angebliche Sozial-Hängematte äußerst löchrig ist? Angst um Euer Feindbild? Oder kennt Ihr am Ende diese angeblichen “Sozialschmarotzer” gar nicht persönlich? Ach so, das ist in Wirklichkeit ein Bekannter eines Freundes des Bruders der Schwägerin? Na dann…

Mir wird gerade wieder schlecht…

Missbrauch, überall nur Missbrauch…

Im lawblog gelesen: Prozesskostenhilfe auf dem Prüfstand.
Bisher ist es ja so, dass jemand, der sich die Kosten eines Prozesses nicht leisten kann Prozesskostenhilfe beantragen kann. Das nicht nur, wenn dieser jemand verklagt wird, sondern auch, wenn er selber jemanden verklagen möchte. Diese Hilfsleistung soll sicher stellen, dass jeder die gleichen Möglichkeiten hat, Streitfälle von einem Gericht klären zu lassen und nicht nur die, die es sich leisten können.
Jetzt gibt es aber eine ganz schlimme Form des Missbrauchs. Nein, ich meine damit nicht den im Beitrag angesprochenen Einzelfall aus Gütersloh. Diesen Fall schiebt man sicher gerne vor, passt er doch ins Bild der bösen “Sozialschmarotzer”. Es geht wohl eher um diese frechen Bezieher von AlgII, die der Meinung sind ihnen stünde mehr zu. Und statt einfach zu akzeptieren, was ihnen da zugestanden wird wollen die auch noch gegen die Bescheide klagen. Und jetzt kommt die unglaubliche Frechheit: dazu beantragen die auch noch Prozesskostenhilfe. So geht es ja nun nicht, es soll gefälligst nur klagen, wer sich das auch selber leisten kann, oder was?

Was für eine “Explosion”…

Ständig hört man von der angeblichen “Kostenexplosion” beim AlgII und Horrorzahlen von bis zu 25% Missbrauch werden uns um die Ohren geschmissen. Nur: das alles stimmt nicht. Zumindest lassen sich diese Zahlen nicht belegen.

Zum Thema Kostenexplosion sagte Franz Müntefering am 1.6.2006:

Ich will damit nur klarstellen: Was die Entwicklung der Kosten im Bereich des Arbeitslosengeldes II angeht, so ist auch dies unter Kontrolle. An dieser Stelle findet keine Kostenexplosion statt.

Und was den Missbrauch angeht spricht man in der Bundesagentur für Arbeit von 5%, die erwähnten 20-25% werden nicht bestätigt, selbst die 5% werden relativiert:

“Unsere Zahlen können Annahmen von 10, 20 oder 25 Prozent an Betrugsfällen, wie sie in Berlin gelegentlich genannt werden, in keiner Weise stützen”, heißt es dort. Selbst die von der Bundesagentur kommunizierten ca. 5% werden nicht automatisch als Missbrauch definiert. BA-Sprecher John-Philip Hammersen erläuterte, es handele sich unter anderem auch um verspätete Statusmeldungen wie nach einer Krankheit usw.

Und wozu nun diese Horrorzahlen? So schwer ist das doch nicht:

Ohne in Verschwörungstheorien zu verfallen, muss man sich fragen, warum vehement falsche Zahlen kommuniziert wurden und werden, die dazu dienen (können/sollen), ein falsches Bild über die ALGII-Gesetzgebung und die Leistungsempfänger entstehen zu lassen. Eine Erklärung wäre, dass man weitere Einschränkungen der Leistungsempfänger in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre wie beispielsweise im Optimierungsgesetz vorgesehen, plant und sich so die öffentliche Zustimmung sichern will. Dafür scheinen Politiker auch durchaus hinzunehmen, wahlweise als inkompetent oder uninformiert zu gelten. Denn sich vor Diskussionsrunden oder anderen Terminen die konkreten Zahlen geben zu lassen, ist keine so schwierige Angelegenheit. Dass darauf verzichtet wurde und wird und stattdessen weiterhin mit Zahlen jongliert wird, die um ein Vielfaches höher sind, spricht eine deutliche Sprache. Unangekündigte Wohnungskontrollen durch Außendienstmitarbeiter der Agenturen jedenfalls wurden im Optimierungsgesetz beschlossen und mit den hohen Missbrauchsquoten begründet.

Bleibt eine Frage, die ich gestern schon gestellt habe: sind es Menschen, die einen kreativen Umgang mit der Wahrheit pflegen, die in die Politik gehen oder verändert die Tätigkeit als Berufspolitiker Menschen in diese Richtung? Tatsache bleibt: langsam aber sicher übertreiben sie es…

Ich bin bestimmt kein großer Anhänger von Ethik und Moral,
wenn ein Politiker mich belügt, find ich das eigentlich normal,
mehr erwart ich nicht von ihm und solang er’s nicht übertreibt,
ist mir schon klar, daß ihm im Grund auch gar nichts andres übrigbleibt.
Meinen Glauben an die Demokratie kann das nicht ernsthaft störn,
aber eines mag ich echt bei aller Liebe nicht mehr hörn.
Dieses Geschwätz die ganze Zeit, egal welche Gelegenheit,
unser dringendstes Problem, das wär die Arbeitslosigkeit.

(Götz Widmann – Das Recht auf Arbeitslosigkeit)

Reich werden mit 1-Euro-Jobs

Man hätte es nicht für möglich gehalten, aber man kann mit 1-Euro-Jobs richtig reich werden. Ja wirklich. Man darf nur nicht den Fehler machen und einen 1-Euro-Job selber machen, vermitteln muss man die Jobs. Nicht nur, dass man da durchaus auch mal das Doppelte von dem bekommt, was der 1-Euro-Jobber bekommt, man bekommt das auch jeden Monat und man kann ja nicht nur einen 1-Euro-Jobber vermitteln… und es macht keinen Unterschied, ob man einen oder zehn 1-Euro-Jobber “betreut”. Sind die erst mal vermittelt besteht die “Betreuung” ja anscheinend nur noch aus dem Verwalten der Zahlungen…
(via F!XMBR)

Reichsarbeitsdienst

Was der Herr Stefan Müller (CSU) da fordert erinnert mich persönlich doch stark an den Reichsarbeitsdienst. Und der Kerl ist auch noch “arbeitsmarktpolitischer Obmann der Unionsfraktion im Bundestag”. Seit wann ist “Obmann” ein Synonym für “Ahnungsloser”? Was der Mensch da fordert ist schon hart:

Alle arbeitsfähigen Langzeitarbeitslosen müssen sich dann jeden Morgen bei einer Behörde zum ‘Gemeinschaftsdienst’ melden und werden dort zu regelmäßiger, gemeinnütziger Arbeit eingeteilt acht Stunden pro Tag, von Montag bis Freitag. Wer sich verweigert und nicht erscheint, muss mit empfindlichen finanziellen Einbußen rechnen!

Und wer sich mehrfach verweigert wird in “Schutzhaft” genommen? Oder wie stellt sich der Mann das vor? Auf jeden Fall wird erst mal heftig gegen Arbeitslose gehetzt:

Die Langzeitarbeitslosen haben so nicht länger das Gefühl, überflüssig zu sein, gewöhnen sich wieder an regelmäßige Arbeit. Positiver Nebeneffekt: Sie können in dieser Zeit nicht schwarz arbeiten. Die Folge: Arbeit, die getan werden muss, wird dann wieder nur von Sozialversicherten erledigt. Das schafft neue Arbeitsplätze und füllt die Sozialkassen.

Ja, ist schon klar. Arbeitslose sind ja alles nur Schwarzarbeiter. Da scheint zumindest Herr Müller zu glauben.
Ach ja, da war dann noch folgendes: Sein Vorstoß ziele nicht auf einen “Arbeitsdienst wie in den dreißiger Jahren”
Ja nee, ist klar. Herr Müller, eine Frage: wenn Sie keinen Arbeitsdienst wie in den dreißiger Jahren wollen, warum schlagen Sie dann so einen Schwachsinn vor? Der einzige Unterschied zwischen ihrem Vorschlag und dem RAD: den RAD mussten alle absolvieren, Sie wollen “nur” die Arbeitslosen zur Zwangsarbeit gemeinnütziger Arbeit verpflichten…

Aber wenn man so darüber nachdenkt kann man Ihren Vorschlag ja noch ausbauen:

Gute Idee, Herr Müller, sollten wir zuerst für Abgeordnete einführen: Wer mehr als 3 Mal im Jahr ohne entschuldbaren Grund nicht bei wichtigen Sitzungen des Parlaments anwesend ist, verliert sein Mandat sowie seine Pensionsansprüche, da davon auszugehen ist, dass solchen Abgeordneten ihre korrupten Nebenjobs in der Wirtschaft wichtiger sind – bestens!

Na was halten Sie davon? Wäre doch nur fair, oder?

Selbst wenn…

selbst wenn jeder zweite Hartz-IV-Empfänger durch Lug und Trug seine Armut veredelte, der Schaden des Fiskus noch immer lächerlich gering verglichen mit dem, was ihm Jahr für Jahr durch Steuerhinterziehung entgeht

Das schreibt Christian Bommarius in der Online-Ausgabe der Berliner Zeitung. Und man kann das nicht oft genug sagen und schreiben. Spätestens wenn man dann auch noch liest, wie der Staat seine Bürger ungleichmässig belastet wird einem schlecht (wenn einem vorher nicht schon schlecht war). Es ist unglaublich, aber Deutschland schafft es gleichzeitig zu hohe und zu niedrige Steuern zu haben:

Zu hoch, zu niedrig – was stimmt denn nun? Beides. Das ist das deutsche Steuer-Paradox: Die Steuersätze sind hoch – und trotzdem sind die Einnahmen gering. Während die einen unter der Abgabenlast stöhnen, lachen sich die anderen ins Fäustchen. Den Arbeitnehmern wird die Lohnsteuer schon bei der Gehaltsabrechnung abgezogen – Spekulanten dagegen kassieren Aktienkursgewinne nach einem Jahr steuerfrei. Kleinsparer müssen für jeden Euro über dem Freibetrag Zinsabschlagsteuer zahlen – Vermieter aber machen jahrelang Verluste geltend und verbuchen den Wertzuwachs ihrer Immobilie am Ende steuerfrei. Handwerker müssen jeden Euro Überschuss im Land versteuern – Konzerne jedoch können ihre Gewinne ganz legal in Länder mit niedrigeren Steuersätzen verschieben.

Und die Arbeitnehmer sind die Dummen…

Beide Texte via Chris’ Linktipps zum Wochenanfang – wobei auch die anderen Links einen Klick wert sind.