Wahlkampfhilfe für die AfD von CDU und Saarbrücker Zeitung

Wahlkampfhilfe für die AfD von CDU und Saarbrücker Zeitung

Alle Jahre wieder kommen die gleichen Geschichten in den sozialen Netzwerken hoch: Bei Penny gibt es Zipfelmänner statt Weihnachtsmänner, der Weihnachtsmarkt am Müncher Flughafen heißt plötzlich Wintermarkt und St. Martins-Umzüge werden umbenannt. Und an allem sollen angeblich entweder die bösen Muslime schuld sein oder aber linksgrünversiffte Gutmenschen, die in vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Muslimen diese Umbenennungen durchgesetzt hätten. Und egal wie oft es wiederholt wird, es bleibt Bullshit.

Penny verkauft seine Schoko-Wichtel schon seit Jahren neben den Schoko-Weihnachtsmännern, der Weihnachtsmarkt am Münchner Flughafen wurde vor Jahren umbenannt, weil er bis in den Januar rein geöffnet werden sollte und daher die Bezeichnung „Weihnachtsmarkt“ eben unpassend gewesen wäre und wenn überhaupt, dann gab es einzelne Umbenennungen von Sankt-Martins-Umzügen, wobei aber kein Fall belegt ist, bei dem das aufgrund der Forderung von Muslimen oder deren gutmenschlicher Schergen erfolgt wäre. In fast allen Fällen aber handelte es sich um Laternenumzüge von konfessionslosen oder evangelischen Kindergärten und Kindertagesstätten, die eben mit der komischen Heiligenverehrung ihrer katholischen Kollegen nichts am Hut hatten und haben.

Eigentlich müsste man sich mit dieser elenden rechtspopulistischen Prpaganda nicht weiter aufhalten, nur die entsprechende Korrektur dazu posten, wenn es mal wieder irgendwo auftaucht und fertig. Eigentlich. Wenn nicht die CDU Saarland vor einigen Jahren beschlossen hätte, auf diesen Zug aufzuspringen und auch dieses Jahr wieder versucht den angeblich bedrohten, „christlichen Brauch“ des St. Martin zu retten. Und ganz so wie bei der AfD hat die CDU dabei nichts für Fakten übrig. Weder liefert sie auf mehrfache Nachfrage Fakten, noch geht sie darauf ein, wenn man sie mit Fakten konfrontiert. Oder kurz: für eine angebliche „Volkspartei“ verhält sich die CDU Saarland höchst beschämend. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die CDU hier dieselbe Definition von „Volk“ verwendet, wie die Damen- und Herrschaften von PEGIDA und AfD: Volk ist nur, wer mir zustimmt.

Jetzt sollte man meinen, dass die sog. vierte Macht, die freie und unabhängige Presse, sich dieses Themas mal annimmt und die Dinge mal ins rechte (Haha) Licht rückt. Nicht so die Saarbrücker Zeitung. Nein, die heizen das auch noch an über eine Umfrage an. Im Teil für St. Ingbert erscheint ein Artikel unter der Überschrift „Bürger halten an St. Martin fest – SZ-Umfrage: Mehrheit für Erhaltung des Gedenktages“. Und der Artikel hat es echt in sich…

Mancherorts, oftmals in kommunalen Kindergärten, werden diese Umzüge beispielsweise Lichter- oder Dunkel-Funkel-Fest genannt, um keine Migranten auszuschließen.

Was? Wirklich? Also klar ist ja, dass in vielen Kindergärten die Umzüge so heißen, aber dabei geht es eher gar nicht um Migranten, es sei denn, man möchte die evangelischen Christen auch darunter zählen. Denn, wie bereits erwähnt, die evangelischen Christen feiern keine Heiligen, so wie die Katholiken, die machen zwar auch solche Laternenumzüge, aber eben nicht unter dem Namen „St. Martins-Umzug“, sondern eben als Lichter- oder Dunkel-Funkel-Fest. Huch. Das ist eine einfache Tatsache und was sich selbst „Qualitätsjournalismus“ nennt, sollte so was doch recherchieren können? Oder aber war es der Autorin klar, dass diese „Rücksicht auf Migranten“-Geschichte so gar nicht die Realität ist, aber man wollte der CDU einen Gefallen tun und deren Kampagne etwas „anfeuern“?

Natürlich ist unsere Blitzumfrage nicht repräsentativ, sie gibt aber durchaus den einen oder anderen Fingerzeig. 95 Prozent der 220 Teilnehmer finden es nicht richtig, die Umzüge aus besagten Gründen umzubenennen.

Natürlich ist die Umfrage also nicht repräsentativ – aber welchen Fingerzeig soll sie geben? Nicht repräsentative Umfragen sind nicht repräsentativ? Vor allem, wenn die Fragestellung schwer manipulativ war, was man mit einer kleinen Richtigstellung zu korrigieren versucht:

Was halten die Bürger von der Umbennung von Martinsumzügen, zum Beispiel in Lichterfeste? Diesem Thema wollte die SZ-Redaktion bei einer nicht repräsentativen Online-Umfrage nachgehen. Allerdings ist ihr bei der Fragestellung ein bedauerlicher Fehler unterlaufen. „Finden Sie es richtig, dass in kommunalen Kindergärten Martinsumzüge meist nicht mehr Martinsumzug heißen…?, lautete die Frage. Das ist falsch. Richtig hätte es „mancherorts“ heißen müssen. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

Also nur, um es mal korrekt einzuordnen, so als kleiner „Fingerzeig“, was heute so alles als „Qualitätsjournalismus“ bezeichnet wird: In einer nicht repräsentativen Umfrage wird eine manipulative (oder um bei der Sprache der Redaktion zu bleiben: falsche) Frage gestellt und daraus wird ein Artikel gemacht ohne überhaupt nur im Ansatz mal die Frage zu beleuchten, ob die angebliche Gefahr für die St. Martins Umzüge überhaupt real ist? Ehrlich? Wenn so was in der Parteizeitung der CDU passiert wäre, dann hätte man es eben abgehakt. Von einer Parteizeitung erwartet niemand ernsthaft gewisse journalistische Standards. Aber hier gibt sich eine angeblich unabhängige Zeitung dafür her Wahlkmapf zu machen.

Und zwar – das ist das besonders perfide an der Sache – Wahlkampf für die AfD. Natürlich erhofft sich die CDU von dieser Kampagne, hiermit Wähler (zurück) zu gewinnen, die sonst die AfD wählen würde, frei nach dem Motto „wenn wir nur den gleichen rechtspopulistischen Quatsch machen wie die AfD, dann kommen die Wähler schon (zurück)“, wobei die CDU hier aber eines vergisst: Warum sollte irgendjemand, der die AfD wegen solcher rechtspopulistischer Kackscheiße wählt, plötzlich die CDU wählen, nur weil die CDU auch rechtspopulistische Kackscheiße macht? Die bleiben doch beim Original. Ganz abgesehen vom „Makel“ Merkel, den auch die CDU Saarland nicht los wird. Hey CDU, es ist eure Kanzlerin, auf die die ganzen Rechtspopulisten verbal eindreschen! Wenn die CSU da anfängt mit rechtspopulistischer Kackscheiße gegen die eigene Kanzlerin zu schießen, dann ist das nicht weiter irritierend, es ist schlißelich die CSU. Bayern halt. Mia san mia. Ein bisschen seltsam waren viele Bayern schon immer. Aber wenn ein CDU Landesverband anfängt, der eigenen Bundeskanzlerin mit solchen Aktionen in den Rücken zu fallen, dann muss man sich schon fragen…

Ganz abgesehen davon: Was hat die CDU Saarland gegen Protestanten? Oder sind für die CDU Saarland nur Katholiken echt Christen? Oder ist die CDU Saarland angesichts der kommenden Wahlen so verzeifelt und in Panik, dass sie nicht mehr wissen was sie tun? Oder ist das Berechnung, um die AfD zu stärken, weil man keine Lust mehr auf eine Große Koalition mit der SPD hat? Man weiß es nicht und so lange die CDU Saarland das nicht aufklärt, werden wir es auch nicht erfahren.

Natürlich ist die Geschichte von diesem Martin eine ganz nette und man kann da prima darauf hinweisen, wie wichtig es ist, mit denen zu teilen die weniger oder sogar gar nichts haben. So das Solidaritätsding und so, ganz unabhängig von Religion. Aber wenn es von der CDU in so einem Kontext daher kommt, dann hat das nichts mehr mit der Geschichte zu tun, sondern ist einfach nur verlogen und widerlich.

Autor: Carsten Dobschat

Geboren 1974, links-liberal, früher Mitglied der SPD und Jusos, dann lange parteilos, später Piratenpartei, wieder parteilos und seit November 2016 wieder SPD-Mitglied - wenn auch mit Bauchschmerzen, aber man muss ja schließlich was tun gegen den Rechtsruck.

4 Gedanken zu „Wahlkampfhilfe für die AfD von CDU und Saarbrücker Zeitung“

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