Das “Tal der Wölfe” und die deutsche Politik

Meinungs- und Pressefreiheit, die Freiheit der Kunst und was weiss ich nicht was für Freiheiten galt es zu verteidigen, als es um die Mohammed-Karikaturen ging. Das es aber einige Politiker in Deutschland mit der Freiheit nicht ganz so ernst meinen, sobald ihnen nicht gefällt, was andere mit dieser Freiheit anfangen darf man seit einigen Tagen beobachten.
Also fassen wir zusammen: wenn dänische Karikaturisten schlechte Mohammed-Karikaturen zeichnen ist das in Ordnung, wenn aber türkische Filmemacher einen schlechten Film über böse Amerikaner und gute Türken machen geht das zu weit?

CSU-Generalsekretär Markus Söder stellte im Sender Phoenix sogar eine EU-Aufnahme der Türkei in Frage, wenn sich türkische Politiker nicht klar von dem Film distanzierten.

Dazu fällt mir nur ein, was Rosa Luxemburg schon gewusst hat:

Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.

Das gilt nicht nur für Parteien und Regierungen, sondern auch für Religionen…

Die spinnen doch alle…

Je länger der Ärger um die Karikaturen dauert, desto mehr möchte man kotzen. Einige meinen das alles immer weiter anheizen zu müssen mit Karikatur-Wettbewerben, auf der einen Seite Mohammed-Zeichnungen, auf der anderen Seite Holocaust-Karikaturen und dann kommt raus, dass die dänische Zeitung “Jyllands-Posten” (ja genau, dass sind die mit den Mohammed-Karikaturen) vorher einige Jesus-Karikaturen aus Sorge um die Gefühle ihrer Leser abgelehnt hat.
Ist schon klar, Pressefreiheit bedeutet nicht, dass alles gedruckt werden müsste und Ausgewogenheit muss auch nicht sein – aber man wird ja mal über so was nachdenken dürfen… Ein Ende der Aufregung ist ja nun nicht in Sicht, im Gegenteil 🙁

Nur so viel noch dazu aus dem Interview mit Robert Gernhardt bei tagesschau.de:

tagesschau.de: Anders als im Christentum hat der Islam aber das Abbildungsverbot …
Gernhardt: … das es so aber gar nicht gibt. In dem entsprechenden Glaubenssatz aus einem Begleitbuch des Koran heißt es lediglich “Die Engel werden Häuser nicht betreten, in denen Hunde sind und bildliche Darstellungen”. Das erscheint mir sehr auslegungswürdig. Genau so gut könnte ein Islamist formulieren, dass alle Menschen, die Hunde im Haus halten, bestraft werden müssen. Wie viel wollen wir uns noch – um des lieben Friedens willen – an unsinnigen Auslegungen heiliger Schriften aufzwingen lassen?

Egal wie nun der genaue Wortlaut der Stelle auch ist, in dem Punkt dürfte sich der Koran nicht von den Schriften unterscheiden, aus denen die Bibel zusammengesetzt wurde: es bleibt viel Platz für Auslegung und Interpretation. Sind diese Interpretationen alter Texte wirklich so wichtig, dass man sich deswegen heute die Köpfe einschlagen muss?

Gar nichts mehr glauben

Es geht sicher nicht nur Johnny so: Ich glaube gar nichts mehr. Wenn man sich so anschaut, wie derzeit von Extremisten auf beiden Seiten versucht wird aus den Mohamed-Karikaturen einen Kulturkampf zu machen. Wer profitiert denn davon? Welche Gründe gibt es, die Sache immer weiter anzutreiben und immer mehr Öl ins Feuer zu giessen?
Johnny hat schon recht:

Ich glaube gar nichts mehr
Außer vielleicht daran, dass ich gerade Zeuge einer gewalt(tät)igen Inszenierung bin. Mir ist allerdings nicht völlig klar, wer die Regisseure sind.

Meinungsfreiheit?

Diese Karikaturen sorgen ja echt für einen Heidenspass (jaja, 5 Euro in die Wortspielkasse). Botschaften werden gestürmt, Fahnen verbrannt… der offenbar gut organisierte Protest weitet sich aus.
Und dann kommen Leute und meinen das noch anheizen zu müssen: der Herr Bartels ruft in seinem Weblog zu einem “Mohamed Karikatur Wettbewerb” auf. Das alles im Namen der Meinungs- und Pressefreiheit. Nur: das hat mit Meinungs- und Pressefreiheit nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Klar darf man seine Meinung frei äußern, auch in Form von Karikaturen. Und wenn dabei auch Mohamed in einer Karikatur abgebildet wird müssen das eben auch Moslems tolerieren. In seinem “Wettbewerb” geht es Herrn Bartels aber nicht um eine Meinungsäußerung, sondern allein darum es “den Moslems mal zu zeigen” (Erinnert mich ein wenig an die Steinigungsszene im Leben des Brian: “Jehova, Jehova”). Und vorsätzliche Beleidigungen muss man nicht tolerieren. Nicht umsonst gibt es da den §166 des Strafgesetzbuches – und das wiegt schwerer als ein rotes Parteibuch.
Satire ist das eine, Menschen und ihren Glauben beleidigen eine andere.

Die Sache mit den Karikaturen…

Okay, ziemlich viele Moslems fühlten sich durch die Mohammed-Karikaturen beleidigt. Ist nicht schön und es ist deren gutes Recht, keine Frage. Aber warum gibt es bei solchen Sachen immer gleich Mord- und Bombendrohungen? Kann man das nicht zivilisiert lösen? Der Vatikan erklärt ja schließlich auch nicht jedem Land den Krieg in dem Katholiken beleidigt wurden und der Papst ruft auch nicht mehr alle Gläubigen zu einem Kreuzzug auf.
Aktueller Spielstand laut telepolis: Islam – Pressefreiheit 1:0 – und da kommt sicher noch einiges hinterher…