Grenzen der Satire

Grenzen der Satire

Zumindest eines hat Jan Böhmermann auf jeden Fall erreicht: Es wird mal wieder fleissig über die Grenzen der Satire diskutiert. Persönlich bin ich ja der Meinung, dass der viel erwähnte und so gut wie nie zitierte Vortrag des Gedichts „Schmähkritik“ im Zusammenhang der Sendung eindeutig in die Kategorie Satire fällt. Es sagt ja niemand, dass Satire geschmackvoll sein müsse – das wäre eine ganz andere Frage. 

Mindestens 20 Menschen in Deutschland sehen das aber anders, denn sie haben Jan Böhmermann wegen Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten angezeigt. Ja, gibt es wirklich, §103StGB. Und die Staatsanwaltschaft in Mainz hat mal angefangen zu ermitteln, aber auch beim Bundesjustizministerium nachgefragt, „um zu klären, ob seitens der Türkei bzw. ihres Staatsoberhauptes ein Strafverlangen gestellt wird“. Wenn das zutrifft und die Bundesregierung ihr Okay dazu gibt, dann steht einem Strafverfahren gegen Jan Böhmermann nichts mehr im Weg und am Ende könnten bis zu 3 Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe für ihn stehen.

Könnte. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die türkische Regierung immer noch nicht kapiert hat, was der Streisand-Effekt ist. Sollten die tatsächlich eine Strafverlangen stellen… und sollte die Bundesregierung wirklich eine Strafverfolgung befürworten… Das wäre doch an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten.

Ernsthaft, können wir uns darauf einigen, dass es sich um Satire handelt? Verdammt geschmacklos, viel zu geschmacklos für das ZDF und ziemlich doof, aber ein Strafverfahren muss doch nun echt nicht sein. Dadurch bleibt die Sache doch nur viel länger in der Öffentlichkeit, als bei einem Schlussstrich: Erdogan soll dem Böhmermann einen Brief schreiben, in dem er ihn so richtig dicke beschimpft, ihm den Stinkefinger zeigen und ihn ein unlustiges Arschloch nennen und dann gut sein lassen.

Jan Böhmermann soll sich dann in seiner nächsten Sendung entschuldigen, erklären, dass er natürlich niemanden beleidigen, sondern eben nur die Grenzen aufzeigen wollte. Dann können wir alle noch einmal drüber lachen oder anmerken, dass der Böhmermann ein unlustiges Arschloch wäre und fertig. Zu einfach, oder?

Klar, die Formulierungen waren schon sehr heftig, aber erinnern wir uns bitte mal, um wen es da ging und was dieser Herr Präsident in der Türkei so alles treibt? Ihr wisst schon: Presse- und Meinungsfreiheit einschränken zum Beispiel. In so einem Fall darf Satire gerne auch mal etwas deftiger zulangen, ohne dass man direkt mit Strafverfahren daher kommen muss. Überhaupt erscheint mir das Strafrecht in Satire-Angelegenheiten eher ungeeignet, man muss nicht jede geschmacklose Satire sofort anzeigen. Darüber reden und diskutieren sollte man aber immer (und manchmal kommen da lustige Blogartikel bei raus).

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Artikelfoto von Jonas RogowskiEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31657599

Autor: Carsten Dobschat

Geboren 1974, links-liberal, früher Mitglied der SPD und Jusos, dann lange parteilos, später Piratenpartei, wieder parteilos und seit November 2016 wieder SPD-Mitglied - wenn auch mit Bauchschmerzen, aber man muss ja schließlich was tun gegen den Rechtsruck.

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